Dr. Lisa Lax

Die Idee zu meinem ersten Kinderbuch hatte ich bei einem Waldspaziergang. Ich konnte nicht schnell genug ans Auto zurückkommen, um meine Gedanken zu notieren. Mit einem Stummel von Bleistift vom letzten Ikea-Besuch kritzelte ich den Anfang meiner Geschichte rund um den Text eines Flyers, der sich mir als einziges Stück Papier im Auto bot. (Heute spreche ich die Unterwegs-Ideen einfach auf mein Handy). Am nächsten Morgen gab es keine „Morgenseiten im Bett“, wie es Julia Cameron angehenden Künstlern empfiehlt, sondern ich schrieb die „Geschichte von der Alten Oma und dem Jungen Gemüse” in einem Rutsch nieder. Sie ist meiner damals pflegebedürftigen Mutter gewidmet, die lange Zeit meinen Garten bewirtschaftete. Die Zusage des Verlages hat sie gerade noch mit-erleben können. Das Buch erscheint im Oktober 2023 beim Goldblatt Verlag. Endlich! Denn meine Schreibbiografie startet fast 60 Jahre früher:

Wenn Buchstaben Bus fahren und wie Wörter aufs Papier wandern

ES-SO …   KO-BLENZ 8 KM …  KAUF-HOF…  DRES-D-NER BANK …   C&A: „Mama, was ist das für ein komisches Zeichen zwischen dem C und dem A?“

Ich liebte es, als Sechsjährige mit meiner Mutter im Bus in die Stadt zu fahren. Schon auf dem Hinweg fand ich wunderbares Lesefutter. Die Reklameschriften und Straßenschilder im Vorbeifahren lautstark zu entziffern, stellten für mich nur eine Herausforderung mittleren Grades dar. Mit dem hässlichen AOK-Brillengestell auf der Nase, für mein Alter zu klein und zierlich wie eine Vierjährige, hielten mich die anderen Businsassen für ein Wunderkind. Sie spendeten ordentlich Beifall. Und so manifestierte ich: Lesen können muss schon eine besondere Begabung sein. Schreiben konnte ich ja schon längst.

Denn Schreiben kommt vor Lesen? Ja, das stimmt.

Ich habe keinen Kindergarten besucht, der den Bildungsempfehlungen folgte und dementsprechend ein starkes Literacy-Angebot hatte. Nein, ich war gar nicht im Kindergarten, aber die Schule besuchte ich schon als Dreijährige – am späten Nachmittag, weil meine Mutter dort putzte. Dort fand ich immer wieder interessante Zeichen auf der Tafel, die ich eifrig abmalte. So entwickelte ich mit vier bis fünf Jahren eine echte „Schreibwut“ – wie sie bei der Pädagogin Maria Montessori im Buche steht.

Auch zuhause bot sich mir ein überaus anregendes Umfeld. Jeden Tag saß ich am Küchentisch dabei, wenn meine beiden älteren Schwestern ihre Hausaufgaben machten. Meine Mutter legte mir Heft und Stift hin und ich durfte mitmachen. Jede der Schwestern hat mir die Lust und die Einsicht in die Notwendigkeit, Lesen und Schreiben lernen zu wollen, auf ihre je eigene Art vermittelt.

Die fünf Jahre ältere Schwester teilte meinen Hunger nach Buchstaben. Wahrscheinlich war sie es, die mich kleine nervige Schwester möglichst schnell in die geheime Welt der Buchstaben und Wörter mitnahm. Sie schrieb auf, was ich ihr diktierte, und ich schrieb es ab. So kam es, dass die Briefe, die ich als Fünfjährige meiner Oma schrieb, zu meinen ersten literarischen Werken zählen. Wahrscheinlich weihte mich meine Schwester auch darin ein, wie diese Zeichen, die ich ja schon zu Papier bringen konnte, wieder zu entziffern seien, damit sie einen Sinn ergaben. Ich weiß nicht, wann genau es bei mir im Gehirn Klick gemacht hat, damit aus der Silbenfolge HO – SE wirklich eine HOSE wurde. Ich weiß nicht, wann ich die Reklameschilder mit ihren Logos nicht nur ganzheitlich erfassen und wieder erkennen, sondern mir auch aus unbekannten Buchstabenfolgen einen Wortsinn erschließen konnte. Dieser hochkomplexe neurologische Prozess ist ein Wunder – und somit sind alle Kinder, die gerade lesen lernen, Wunderkinder!

Meine andere, drei Jahre ältere Schwester zeichnete sich dadurch aus, dass sie dieses Wunder des Lesenlernens anfangs erfolgreich boykottierte. Immer gab es am Schulaufgaben-Tisch Zoff. „Dieses bockige Kind will einfach nicht lesen lernen!“, hörte ich öfters meine Mutter schimpfen.

Ich entschied mich damals dafür, möglichst unauffällig und reibungslos die Kunst des Lesens zu erlernen, um solchem Ärger aus dem Weg zu gehen.

So entwickelte ich mich schon früh zu einer Lese- und Schreibratte.

Einmal musste ich erfahren, wie schlimm es ist, wenn man nicht mehr lesen kann. Der Augenarzt hatte mir Tropfen in die Augen gegeben – ich sah einige Stunden lang alles verschwommen. Leider keine Vorstellung im Bus auf der Heimfahrt. Ich war sehr traurig, denn wir hatten vor dem Augenarzt-Besuch ein Buch gekauft. Erst am Abend – meine Mutter hatte mir das Buch schon auf das Nachttischchen gelegt – da konnte ich das Wunder des Lesen-Könnens quasi ein zweites Mal – und diesmal sehr bewusst erleben. Was am Nachmittag noch verschleiert blieb,  traf mich am Abend mit ungeheurer Schärfe: Gestochen klar schoss mir der Titel des Buches in die Augen: jeder einzelne Buchstabe, jedes einzelne Wort, der ganze Satz: Kasperle geht auf Reisen in weißer Schreibschrift auf türkisfarbenen Untergrund klar und deutlich. Ich konnte wieder lesen!

Und all die wunderbaren Geschichten, die ich bald ohne Hilfe aufsaugen konnte, inspirierten mich zum Selber-Schreiben. Schon in den ersten Schuljahren wuchs der Traum, selbst Bücher zu schreiben. Meine Schulaufsätze waren nie endend wollende Werke meiner Phantasie; kleine Gedichte zierten meine Schulhefte in der Grundschule. Die erfolgreiche Auseinandersetzung mit Literatur bis zum Abitur und nicht zuletzt die Fünf in Mathe veranlassten mich zum Studium der Germanistik und Pädagogik. Auf diesem Weg gelangte ich zu meiner Liebe, der Kinderliteratur.

Und ich wollte eigentlich nicht mehr Lehrerin, sondern Kinderbuchautorin werden. Ein Literatur-Seminar an der Uni „Wir schreiben ein Kinderbuch“ sollte den Durchbruch bringen – aber leider Gottes „ver-Ende-te“ dieser Versuch im wahrsten Sinne des Wortes, weil ich versuchte MOMO zu kopieren.

Lange Jahre widmete ich mich dann lieber doch der Pädagogik – meine Examensarbeit stand zwar noch im Zeichen der Kinderliteratur – so ganz loslassen wollte ich von meinem Traum nicht – aber das wissenschaftliche Schreiben rückte in den Vordergrund.

Ich schrieb an meiner Dissertation über die Rechte der Kinder, war Mit-Herausgeberin von pädagogischer Literatur und einer Bibliografie zum Werk von Janusz Korczak, einem polnisch-jüdischen Pädagogen, Kinderarzt und berühmten Kinderschriftsteller seiner Zeit.

Es folgten Jahre pädagogischer Praxis:  Ich lehrte u.a. Literacy für Kita-Kräfte.

Nur ab und an nachts am Küchentisch kritzelte ich eilig – wie auf einen Einkaufszettel – die Geschichten aufs Papier, die ich zuvor meinen Kindern am Bett erzählt hatte.

Das war’s mit meiner Schreiberei. Erst Jahre später fand ich meine „Küchenzettel“ auf dem Speicher wieder und es wurden daraus Geschichten, die ich nun auf meinem Blog für berufstätige Mütter als Vorlesegeschichten veröffentliche.

Mein Kindheitstraum vom Schreiben wurde erst während eines Klinikaufenthalts wieder wachgeküsst. Ich malte und schrieb mir einen „Seelenvogel“, der mich durch das Land der Gefühle trägt und von dem ich glaube, dass er das Zeug für einen Roman hat – aber ich (noch) nicht. Meine Seelenvogel-Geschichten sollen noch zu einem größeren Projekt in meiner Schreibbiografie wachsen dürfen – vielleicht später, wenn ich in Rente bin …

Aber Kinderbuchautorin wollte ich noch vor Rentenbeginn werden! – was ich ja nun doch noch geschafft habe. Schließlich will ich nicht erst posthum berühmt werden J.

Die Ideen zu meinen Geschichten kommen meistens nachts am Küchentisch. Ich beobachte im Alltag das Verhalten meiner Mitmenschen, nehme ihre Gefühle wahr und habe dann entweder eine Figur oder schon einen Plot im Kopf. Auch im Einklang mit der Natur entstehen Texte – gleichermaßen geeignet für Kinder wie für Erwachsene, die noch eine kindliche Seele in sich und die magische Grenze zwischen Realität und Phantasie spüren wollen.

Während der Corona-Zeit konnte ich mich mit einem Sprecher, einem Tonstudio und einer Illustratorin zusammentun – und es wurde einfach mal so aus einer meiner Kindergeschichten ein Hörbuch unter dem Titel „Tut mir leid“, sagte der Hase produziert.

Es liegen noch einige Texte in meiner Schublade, die gerne das Licht der Print-Bücherwelt erblicken wollen und bisher an den Hürden der Veröffentlichung gescheitert sind.

In meinen Geschichten geht es darum, Emotionen bewusst zu machen, die eigenen Gefühle und die der Mitmenschen verstehen zu lernen. Zielgruppe sind 4-8jährige Kinder und deren Vorleser*innen. Die Texte laden dazu ein, mit Kindern über Gott und die Welt zu philosophieren …

  • über das traurige Häschen in der Grube, das um Hilfe ruft
  • über die Wut des Kleinen Königs, weil ein fremdes Schwarz in seinen Garten eindringt
  • über die Himbeere, die gern so hell-rot wie die Johannisbeere wäre …
  • über Herrn Nebel, der nicht aufstehen wil

Gestützt von meinem pädagogischen Wissens- und Erfahrungsschatz als Erziehungswissenschaftlerin schreibe ich Blog-Artikel, Workbooks für mein pädagogisches Mentoring und arbeite an einem erzählenden Sachbuch zur „Work-Child-Balance“, um berufstätige Mütter in ihrer Bindung zum Kind zu unterstützen.

Als Vorlesepädagogin konzipiere ich Workshops für Eltern und pädagogische Fachkräfte und leite sie zum „Vorlesen mit Empathie“ an. Sehr viel Freude machen mir die Vorlesestunden mit meinen Texten für Kinder in Kita und Grundschule.

An erwachsene Leser*innen richte ich mich mit kurzen Texten – mal satirisch, mal nach-denklich.

„Gefühle.Lesen.Lernen“ – das ist meine Mission als Literatin und Pädagogin.

Herzlichst LISA LAX

E-Mail: info@drlisalax.de

Veröffentlichungen auf

www.workchildbalance.de

z.B.

https://workchildbalance.de/2021/02/22/work-child-balance-damals-und-heute/

https://workchildbalance.de/2021/05/10/muttertag-fuer-fortgeschrittene/

https://workchildbalance.de/?p=254&preview=true   (Vorlesegeschichte zu Ostern)

Hörbuch     für Kinder ab 4 Jahren
erhältlich als Download – fast überall, wo es Hörbücher gibt

Kinderbuch für Kinder ab 4 Jahren
Die alte Oma und das junge Gemüse. Berlin. Goldblatt Verlag. Oktober 2023.

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